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Begegnung im Weltkloster

​Blog 12 veröffentlicht auf www.religion.ch am

 

​Eigentlich wollte ich ja mal buddhistischer Mönch werden...
Ich kann mich noch gut erinnern, wie ich an meinem 22.Geburtstag im Golden Tempel in Rangoon, Burma, die unzähligen Buddha Statuen bewunderte. Während dieser Pilgerreise hatte ich unzählige Begegnungen mit burmesischen Mönchen. Es war dann aber ein Europäer, ein spanischer Mönch, der in mir den Wunsch weckte auch einmal für ein paar Jahre als Mönch zu leben. So sah ich mich selbst also schon in der roten Mönchsrobe des Buddhismus. Zwei Jahre später trat ich ins Kloster ein. Doch mein Gewand war safranfarbig, ich hatte mein Zuhause im Krishna Tempel gefunden. Wie es dazu kam? Nun, ich glaube es war meine Suche nach Gott, mein Bedürfnis mit Gott in Beziehung zu treten, welche mich zum Hinduismus führte. Die buddhistische Vorstellung von Nirvana und der Nichtexistenz der Seele war mir plötzlich etwa fremd geworden.

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Dennoch freue ich mich immer wieder mit Buddhisten in Kontakt zu treten, vielleicht weil sie mich so sehr an meine ersten, tiefen Erfahrungen auf meinem spirituellen Weg erinnern.

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Vor ein paar Wochen ergab sich solch eine Möglichkeit, als ich für ein Wochenende in Radolfzell am Bodensee im Weltkloster eingeladen war. Das Weltkloster ist ein ehemaliges Kapuzinerkloster, welches für einige Jahrzehnte als Weinhandlung genutzt wurde. Heute dienen die Räumlichkeiten wieder einem höheren Zweck:
dem interreligiösen Dialog. Die Bezeichnung `Weltkloster` entspringt der Idee Mönche aus verschiedensten Traditionen zu einem gemeinsamen Klosterleben zusammen zu bringen. Bald erkannte man aber, dass die meisten Mönche, welche sich für so ein Projekt eignen würden, in ihrer eigenen Gemeinde gebraucht werden. So entwickelte sich das Weltkloster mehr zu einem Seminar Zentrum wo unterschiedlichste interreligöse Veranstaltungen stattfinden.

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In diesem Rahmen durfte ich dann Tenzin aus Tibet kennen lernen. Tenzin ist in Tibet aufgewachsen, verbrachte seine Kindheit dann aber in der Schweiz und wurde im Alter von 20 nach Südindien geschickt. Nach 17 jährigem Studium (!) kam er jetzt wieder in die Schweiz zurück und ist im Begriff sein eigenes Meditations-Zentrum aufzubauen.

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Diese Begegnung mit Ihm war sehr bereichernd. Am ersten Tag hatten wir gleich ein gemeinsames Programm in einer Primar Schule. Tenzin präsentierte den Tibetischen Buddhismus, ich die Bhakti Yoga Tradition des Hinduismus. Am Nachmittag gab es bei Tee und Kuchen spannende Gespräche über die Gemeinsamkeiten sowie Unterschiede der Lehren Buddhas und Krishnas. Am Abend wurde ich gebeten, eine Vorlesung über Hinduismus und die heutigen Umweltprobleme zu halten. Am darauf folgenden Tag kochten wir gemeinsam Mittagessen. Ich lernte ein tibetische Gemüsegericht kennen und Tenzin lernte, wie man aus heisser Milch und Zitronensäure Frischkäse herstellt.

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Am besten werden mir wohl aber die gemeinsamen Meditationen in Erinnerung bleiben.
Am ersten Morgen lehrte uns Tenzin, nach einer gemeinsamen Stille Meditation, die Kunst des `Lu Jong`, eine tibetische Form des Yoga. Die ersten Übungen hießen: `Die Wildgans am Trinken, der kopfschüttelnde Yak und das sich hinlegende Pferd! Am Sonntag morgen sangen wir dann gemeinsam Sanskrit Mantren aus dem Hinduismus und hatten noch viele weitere tiefe Gespräche.

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Fazit: Interreligiöse Veranstaltungen, Vorlesungen und so weiter sind bestimmt sehr wertvolle Sachen, aber mal für einige Tage mit Andersgläubigen zusammen zu leben, zusammen zu kochen, zu essen, gemeinsam Gebete darzubringen und gegenseitig voneinander zu lernen, ist noch mal eine viel tiefere Form des Austausches. Ich wünsche mir und uns allen mehr solche Begegnungen!

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